Stiftsbibliothekar Pater Jakob Wichner OSB

Der Katalog des Admonter Handschriftenforschers als Basis für
die Digitalisierung von Bibliotheksbeständen

Das Benediktinerstift Admont startete vor über 10 Jahren ein groß angelegtes Digitalisierungsprojekt, mit dem Ziel sämtliche mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Handschriften des Klosters für Forscher:innen und die Allgemeinheit online abrufbar zu machen. Die Digitalisierung und Erfassung der frühneuzeitlichen Handschriften auf Basis des Handschriftenkataloges von P. Jakob Wichner OSB stellte dabei den letzten Schritt dar. Erfahren Sie, wer dieser Pionier der Admonter Handschriftenforschung war und welches Vermächtnis er der Nachwelt hinterließ.

Erforschung der Handschriften

Jakob Wichner trat 1846 in das Stift Admont ein und legte als Stiftsarchivar und -bibliothekar umfangreiche Kataloge an. Die vierbändige Geschichte des Benediktinerstiftes Admont stellt sein wissenschaftliches Hauptwerk dar. Insgesamt verfasste der Admonter Benediktiner 87 Schriften, von denen 52 in wissenschaftlichen Zeitschriften erschienen sind. Das moderne Archivwesen für das Stift Admont geht auf ihn zurück. Dabei sind seine Forschungen im Bereich des Handschriftenbestandes bis heute grundlegend. Sie resultierten in einem 1888 verfassten handschriftlichen Katalog zu den Admonter Codices. Der Katalog listet für das Jahr 1893 nach einer handschriftlichen Notiz 1103 Handschriften im Bestand des Klosters Admont auf, wovon etwa zwei Drittel aus dem Mittelalter und das restliche Drittel aus der frühen Neuzeit stammen. 

Wer war P. Jakob Wichner?

Die Aufnahme des für die Fotografiegeschichte des steirischen Ennstals so bedeutenden Büros Fankhauser zeigt den Admonter Mönch laut der Beschreibung im Alter von 72 Jahren und in seiner Funktion als 19. Bibliothekar des Stiftes Admont. Der in Graz geborene Jakob Wichner legte in der Amtszeit von Abt Benno Kreil OSB am 11. Juli 1851 seine Profess ab und primizierte am 10. August 1851. Nach Stationen als Kaplan in St. Michael ob Leoben und St. Lorenzen im Paltental, kam er als Pfarrvikar nach Kleinsölk und schließlich im Jahr 1866 nach Ardning. Hier begann er mit dem Verfassen von Pfarrchroniken.

Von 1870 bis 1903 bekleidete er das Amt des stiftischen Bibliothekars und Archivars. In seine Amtszeit fällt die Neuordnung des Archives nach dem Stiftsbrand von 1865, wobei er hier 121 Unterabteilungen vorsah. P. Jakob Wichner erhielt Zeit seines Lebens bedeutende Ehrungen, war etwa Ehrendoktor der Theologie an der Universität Würzburg und Besitzer der großen goldenen Medaille für Kunst und Wissenschaft. Nach seinem Tod am 21. Oktober 1903, im Alter von 76 Jahren, gedachte ihm der Historische Verein für Steiermark in der „Steirischen Zeitschrift für Geschichte“ (1903, Heft 3) mit den Worten: 

„[…] Mit uns hat das Stift selbst zu klagen, denn in P. Jakob Wichner verlor es den getreuesten und begeistertsten Bewahrer seiner historischen Schätze, den besten und ehrlichsten Kenner der Vergangenheit Admonts, den tüchtigen, pflichtgetreuen und gegenüber sein Fachgenossen jederzeit hilfsbereiten Archivar und Bibliothekar.“

Catalogus codicum manu scriptorum Admontensis

P. Jakob Wichners Handschriftenkatalog (Catalogus codicum manu scriptorum Admontensis) wurde am 21. September 1888 fertiggestellt. Der Katalog umfasst (nach neuer Zählung) 396 Seiten im großen Folioformat. Neben der Beschreibung von knapp über 1100 Handschriften aus dem Mittelalter und der frühen Neuzeit. 

Neben der Nennung der Blattanzahl, des Beschreibstoffes und der Größenangabe, enthält der Katalog auch umfangreiche Register: ein Verzeichnis der Autoren, ein Register zu den Schreibern der Handschriften, ein Alphabetisches Fachregister, eine Übersicht zu Handschriften, in denen sich Urkunden befinden, ein Register zur Provenienz der Handschriften, ein Verzeichnis zu den wichtigsten Handschriften in Bezug auf die künstlerische Ausstattung, ein Register der Handschriften nach dem Alter geordnet, sowie ein Verzeichnis der Anfänge (Incipit, Initia), der in den Handschriften vorkommenden Traktate. Diese Register stellen bis heute ein zentrales Instrument der Handschriftenforschung im Stift Admont dar. 

Lebendige Archivgeschichte

Nach P. Jakob Wichner wurde der handschriftliche Katalog auch dazu genutzt, um besitzgeschichtlich relevante Einträge und Kommentare durch spätere Archivare und Bibliothekare anzubringen. So schreibt etwa eine Hand in der linken Spalte neben der Beschreibung des Cod. 834a, dass das Werk „abgeht“, woraufhin eine spätere Hand darauf mit „vorhanden!“ antwortet. Ebenso vermerkt wurde, wie das auch bei anderen Handschriften der Fall war, dass jene Handschrift restauriert wurde und einen neuen Einband bekam. Cod. 834a verfügt über eine von P. Benedikt Hammerschall verfasste, wichtige Beschreibung der nach dem Stiftsbrand von 1865 abgebrochenen barocken Stiftskirche, womit Cod. 834a, eine Handschrift aus dem 17. Jahrhundert, Einblicke in die ehemalige Ausstattungsgeschichte des Stiftes Admont gibt.

Digitalisierung der Handschriften

Und dies ist nur eine von insgesamt 269 frühneuzeitlichen Handschriften, die für das Projekt digitalisiert wurden. In diesem Bestand finden sich bedeutsame Unterbestände, wie die handschriftlich verfassten Schuldramen (etwa Cod. 35/42, Cod. 35/43, Cod. 35/44, Cod. 35/45, Cod. 35/46, Cod. 35/47, Cod. 35/48, Cod. 35/50, Cod. 35/55, Cod. 35/56, Cod. 35/57, Cod. 35/58, Cod. 35/59, Cod. 35/60, Cod. 35/61 oder Cod. 35/62), Vorlesungsnotizen vom späteren Abt Urban Weber OSB (Cod. 808g, Cod. 884, Cod. 921, Cod. 948, Cod. 949, Cod. 950) oder Predigt-Collectanea (Cod. 314a, Cod. 888, Cod. 890, Cod. 907) und vieles mehr.

Verfasst von

Michael Richter-Grall (Stift Admont)

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