Musikalisches Erbe aus dem Mittelalter

Choralsammlungen des Franziskanerklosters Graz

Die Zentralbibliothek des Franziskanerklosters Graz verwahrt derzeit allein über 13.000 Bücher, die vor 1700 datiert sind, dazu 440 Handschriften und 818 Inkunabeln sowie 35.000 Bücher nach 1700. Man kann also insgesamt von nahezu 50.000 Einzelwerken sprechen.

Choralquellen aus fünf Jahrhunderten

Teil dieses Bestandes sind 56 Choralquellen vom 14. bis zum 18. Jahrhundert für die Feier des Gottesdienstes und des Stundengebetes. Darunter befinden sich zahlreiche Chorbücher, die entweder kunstvoll illuminiert und handgeschrieben sind oder seltene Drucke des 16. und 17. Jahrhunderts darstellen.

Die digitalisierten Quellen haben für die Musik- und Liturgiewissenschaften und ganz besonders auch für die Kunstgeschichte (beachtenswerter Buchschmuck) große Bedeutung und stellen somit bedeutende Denkmäler des österreichischen kulturellen Erbes dar.

Was ist ein Antiphonar?

Ein Antiphonar ist ein liturgisches Gesangsbuch, das in der christlichen Kirche verwendet wird. Darin wird der Wechselgesang zwischen dem Chor und der Gemeinde festgehalten. Es umfasst auch die entsprechenden Gesänge zu den verschiedenen Kirchenfesten.

Historische Choralhandschriften

Ein Blick in die Antiphonarien der Grazer Klarissen und Franziskaner des 15. Jahrhunderts zeigt ein gewohntes Bild. Neben dem gängigen Standardrepertoire an Antiphonen und Responsorien sind im Orden gängige Versoffizien wie Dreifaltigkeit, Antonius, Clara, Stigmata Sancti Francisci, Franciscus und Ludovicus Rex aufzufinden. Das älteste Graduale aus Maria Lankowitz (vor 1332) ist in einer etwas ungenau wirkenden Quadratnotation geschrieben. Interessant sind die Spuren einer lebendigen, sich ständig erneuernden Liturgie anhand der späteren Zusätze.

Von besonderem liturgischen Interesse sind die Choralhandschriften des 18. Jahrhunderts. Im Unterschied zu den Drucken sind sie meist ein treues Spiegelbild der tatsächlichen liturgischen Praxis und erlauben in einer Gesamtschau eine getreue Rekonstruktion der mit Gesang gefeierten Gottesdienste. Dies betrifft den Umfang des in den einzelnen Horen wirklich Gesungenen, was einen Einblick in jene Hausbräuche erlaubt, nach denen in der Abstufung des Gesangs der Rang eines Festes sichtbar wird.

Gedruckte Liturgiebücher

Neben den Choralhandschriften gibt es auch etliche Choraldrucke – Gradualien und Antiphonarien – die Einblicke in die Choralproduktion geben. Die allgemein meist nur in wenigen Exemplaren überlieferten Bücher stammen aus venezianischen Druckereien wie Cieras, Balleoni, Pezzana, aus der Druckerei Mayr aus Salzburg oder von Leopold Voigt in Wien.

Gemäß den nachtridentinischen liturgischen Büchern sind die Folianten meist zweiteilig, dem allgemeinen Graduale der römischen Liturgie z. B. ist ein franziskanischer Anhang beigebunden, oft auch aus anderen Druckjahren. Diese Gradualien und Antiphonalien enthalten dann im Anhang neben dem franziskanischen Kalender auch alle Eigengesänge. Darunter sind die zahlreichen neukomponierten Offizien für jene Ordensheilige, die seit dem Ausgang des Mittelalters kanonisiert worden sind.

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