Die Sammlungen des Jüdischen Museums Wien und ihre Bedeutung

Die Bewahrung jüdischer Kultur trotz Verfolgung und Enteignung

Das Jüdische Museum der Stadt Wien ist ein Ort der städtischen Vielfalt. Anhand von religiösen Feiertagen und Bräuchen vermittelt es die Bandbreite jüdischen Lebens in Wien. Über die Beziehungsgeschichte zwischen jüdischer und nichtjüdischer Bevölkerung werden Aspekte von Identität, Integration und Ausschluss aus jüdischer Perspektive diskutiert.

Das erste jüdische Museum der Welt

Das Jüdische Museum in Wien war weltweit das erste seiner Art. Es wurde 1895 eröffnet und war bei seiner Schließung 1938 durch die Nationalsozialisten in der Malzgasse 16 im zweiten Wiener Gemeindebezirk untergebracht.

Die Geschichte des Museums nach 1938

Unmittelbar nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten konfiszierten diese die Sammlungen des Museums. Die Objekte wurden dem Völkerkundemuseum einverleibt und inventarisiert. Einige Objekte wurden 1939 in der antisemitischen Propaganda-Ausstellung „Über das körperliche und seelische Erscheinungsbild der Juden“ gezeigt.

Zu Beginn der 1950er-Jahre wurde der Großteil der Bestände an die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) restituiert. In den kommenden Jahrzehnten verblieb die Sammlung des Jüdischen Museums in verschiedenen Depots verwahrt. Zwar eröffnete die Kultusgemeinde 1964 ein jüdisches Museum in der Ferdinandstraße, doch dieses musste bereits nach drei Jahren wieder schließen.

Die Wiedereröffnung des Jüdischen Museums Wien

Unter der Ägide von Bürgermeister Helmut Zilk wurde das Jüdische Museum der Stadt Wien Ende der 1980er-Jahre neu gegründet und am 18. November 1993 im Palais Eskeles in der Dorotheergasse wiedereröffnet. Neben den Sammlungsbeständen des ersten Jüdischen Museums stellte die Israelitische Kultusgemeinde dem Museum Judaica aus Wiener und österreichischen Synagogen, Bethäusern und jüdischen Institutionen als Dauerleihgabe zur Verfügung. Diese Objekte legen Zeugnis ab von der Geschichte des Jahres 1938 und vom Novemberpogrom, als die österreichischen Synagogen und Bethäuser zerstört und niedergebrannt wurden und jüdischer Besitz beschlagnahmt wurde.

Was sind Judaica?

Judaica sind Objekte, die mit dem jüdischen Leben, der Religion und Tradition verbunden sind. Sie erzählen die Geschichte jüdischer Gemeinden und dokumentieren religiöse Bräuche, Verfolgung und Migration. Judaica sind z. B. Tora-Kronen oder Chanukka-Leuchter.

Zu den weiteren wichtigen Beständen des Jüdischen Museums Wien gehören die Sammlung von Max und Trude Berger, die vor allem Judaica aus Österreich-Ungarn umfasst, die Sammlungen Schlaff und Stern sowie die Sammlung Sussmann. Einen stetigen Zuwachs erfahren die Sammlungen des Museums auch durch Ankäufe und Schenkungen von Familienarchiven. Alle diese Bestände sollen sukzessive in der Online-Sammlung des Jüdischen Museums Wien für eine breite Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Die Sammlungen des ersten Jüdischen Museums

In den beiden Inventarbüchern des ersten Jüdischen Museums finden sich 5.414 Einträge. Allerdings waren nicht alle Objekte systematisch erfasst, denn die maschinschriftliche Liste, die der letzte Kustos des Museums, Jakob Bronner, 1938 für die Gestapo anfertigen musste, umfasste 6.474 Objekte.

Mindestens ein Drittel der ursprünglichen Bestände des ersten Jüdischen Museums sind heute nicht mehr erhalten. Manchmal tauchen am internationalen Judaica-Markt Stücke auf, die ursprünglich zur Sammlung des ersten Jüdischen Museums gehörten, doch zahlreiche Objekte bleiben für immer verschollen.

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