Die Gesellschaft der Musikfreunde und ihre Programmsammlung

Zeitdokumente der Musik

Die Gesellschaft der Musikfreunde lädt mit ihrem digitalisierten Programmarchiv in eine Zeitreise in das Wiener Musikleben des 19. Jahrhunderts. 

Von der höfischen zur öffentlichen Musikszene

Um 1800 fand in Wien ein grundlegender Wandel des Musiklebens statt. Während in der Zeit davor das aristokratische Musikwesen dominierte, ist eine Entwicklung zu einem kommerzialisierten Konzertwesen und einer bürgerlichen Musikkultur bemerkbar. Im beginnenden 19. Jahrhundert organisierten Komponisten noch häufig selbst Akademien, bei denen sie ihre eigenen Werke aufführten. Später begeisterten Wunderkinder und weitgereiste Virtuosinnen und Virtuosen. 1870 eröffnete schließlich mit dem Musikverein der erste, Konzerten gewidmete Saal. Inzwischen prägten private Konzertveranstalter das Musikleben.

Zeitreise durch Wiens Konzertgeschichte

Ein für die Musikgeschichte besonders wichtiger Bestand des Archivs der Gesellschaft der Musikfreunde ist die sogenannte Programmsammlung. Sie ermöglicht nichts weniger als eine Zeitreise in die Geschichte des Konzertwesens und lässt in eine längst vergessene Welt eintauchen.

So gab es im biedermeierlichen Redoutensaal oder in der Winterreitschule der Wiener Hofburg bombastische Musikfeste: Hunderte Musikfreunde führten Werke wie Joseph Haydns „Schöpfung“ auf. Bei kleinen Kammerkonzerten, den sogenannten Musikalischen Abendunterhaltungen, finden sich illustre Mitwirkende, etwa Johann Nepomuk Nestroy als Bassist. Die jugendliche Clara Schumann zog bei ihrem Wien-Debüt die halbe Stadt in ihren Bann. Johannes Brahms, Anton Bruckner und Antonín Dvořák dirigierten ihre eigenen Symphonien.

Alles, was Rang und Namen hatte, gab Wien die Ehre – aufstrebende Wunderkinder, launenhafte Diven, Virtuosinnen und Virtuosen. Man trat im „alten“ Musikvereinsgebäude unter den Tuchlauben auf, später im „neuen“, heutigen Musikverein, aber auch in anderen Sälen wie etwa dem für seine Akustik gerühmten Bösendorfersaal im längst abgerissenen Palais Liechtenstein in der Herrengasse.

Die digitale Programmsammlung der Musikfreunde

Die Konzertprogrammsammlung der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien beinhaltet insgesamt wohl über 80.000 Stück und dokumentiert das Wiener Musikleben ab 1771. Die Programme bis 1924 wurden mit ihren Abläufen, Mitwirkenden, Komponisten und aufgeführten Werken nun digitalisiert und laden zur Forschung ein – oder zu einer Reise in die Zeit, als Gustav Mahlers „Neunte“ erstmals aufgeführt wurde oder als dissonante Musik einer Avantgarde um Arnold Schönberg für Skandale sorgte, eine Zeit in der die großen Komponisten ihre eigenen Werke dirigierten und Virtuosen wie Franz Liszt das Publikum in Erstaunen setzten.

Erwähnenswert ist, dass es nicht nur Programmzettel in Zusammenhang mit der Gesellschaft gibt, sondern auch von längst nicht mehr existierenden Konzertstätten und Veranstaltern, auch aus anderen Teilen Europas, vor allem der Monarchie, Deutschlands und Englands.

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